Zum Interview mit der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Kirsten Jahn, im Kölner Stadt-Anzeiger vom 22.06.2018 und zu Presseberichten über ein „Memo“ für den Parteitag der Grünen des Fraktionsgeschäftsführers Jörg Frank, erklärt Jochen Ott, Vorsitzender der KölnSPD:
Die Fraktionsvorsitzende und der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen scheitern im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger und einem Memo deutlich, die wirkliche Motivation für ihre Aussagen zu verbergen: Vor der Kreismitgliederversammlung der Grünen am Samstag ging es ihnen darum, auf andere zu schießen, um von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Klar ist doch, dass ihre Vorwürfe jeder Grundlage entbehren.
Erstens: Die Kölner Grünen regieren die Stadt in den letzten 20 Jahren fast ununterbrochen und damit länger als jede andere Partei. Seit drei Jahren stellen die Grünen die Oberbürgermeisterin. Martin Börschel ist Oppositionsführer im Kölner Stadtrat. Welche Machtoption soll er in dieser Konstellation gehabt haben, andere zu bedrohen oder zu erpressen? Warum soll er einen Verzicht auf eine Ausschreibung gefordert haben für ein nicht-personalisiertes Verfahren? Das passt doch vorne und hinten nicht zusammen.
Zweitens: Die Arbeitnehmer*innen in den Aufsichtsräten vertreten die Interessen der Beschäftigten im Unternehmen. Das ist eine große Errungenschaft der betrieblichen Mitbestimmung. Wie kann sie ernsthaft glauben, dass sich die Arbeitnehmer*innen so von der SPD in den Aufsichtsräten instrumentalisieren lassen würden? Die Aufsichtsräte der Arbeitnehmer*innen sind immer klar in ihrer Position. Es gibt manchmal Übereinstimmung, aber auch vollkommen unterschiedliche, rollenbedingte Positionen. Gute Arbeit in Aufsichtsräten muss im Sinne der Mitbestimmung Lösungen finden. Nichts anderes könnten deren Vertreter*innen auch vor den Beschäftigten rechtfertigen.
Drittens: Auch das Memo von Jörg Frank ist nichts anderes als die bereits von vielen Medien recherchierte innergrüne Legende. Mit deren Geschichte, die von
der KölnSPD bereits mehrfach kommentiert und dementiert wurde, versuchen sie sich aus der faktischen Macht- und Mehrheitsposition in die Opferrolle zu drechseln. Das nimmt man erst recht dem erfahrensten und einflussreichsten Kölner Kommunalpolitiker und OB-Flüsterer Jörg Frank nicht ab. Eine Abwahl der Kulturdezernentin hat die SPD zu jedem Zeitpunkt abgelehnt. Gegen Unterstellungen einer angeblich gemeinsam mit Hilfe der Arbeitnehmervertreter aufgebauten Drohkulisse, die offenbar schon vor Wochen grünintern gestreut wurde, haben diese sich selbst bereits deutlich verwahrt.
Viertens waren es doch allein die Grünen, die in ihren Gremien – stets gemeinsam mit ihrer Fraktionsvorsitzenden und dem Fraktionsgeschäftsführer – den Vorgang ausführlich beraten und mit großen Mehrheiten beschlossen haben. Sie hatten mehrfach die Gelegenheit, das von ihren Spitzenvertretern mit erdachte Verfahren zu stoppen. Dass gerade Kirsten Jahn da jetzt mit dem moralischen Zeigefinger auf andere zeigt, kann nur damit begründet sein, dass sie die von ihr getragene Verantwortung nicht vor sich selbst vertreten kann und will. Das kann ihr aber niemand abnehmen.
Haltung und Charakter sind in einer Demokratie wichtige Säulen, damit Vertrauen und Transparenz wachsen kann. Gerade in dieser für unsere Demokratie schwierigen Zeit brauchen wir Politikerinnen und Politiker, die bereit sind, Entscheidungen zu treffen und diese anschließend auch zu vertreten. Dessen sollten sich alle Beteiligten, auch die Fraktionsvorsitzende und der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, immer bewusst sein.
Die SPD hat in den letzten Wochen eine intensive und auch selbstkritische innerparteiliche Debatte geführt. Wir haben eine strukturierte und von gegenseitigem Respekt geprägte Vorgehensweise beraten und vereinbart. Das werden wir bis in den Herbst weiter tun und uns dazu dann auch öffentlich äußern. Insgesamt gilt: Wer „Kopf-ab-Debatten“ für Erneuerung der politischen Kultur hält, hat das Problem nicht verstanden.