Koalitionsvereinbarung 2009-2014 – Kapitel 17

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[heading]17. Gesundheit[/heading]

Gesundheit ist wichtige Voraussetzung für Teilhabe. Der Zugang zu medizinischer Versorgung und Hilfe sowie die Chance auf ein gesundes Leben darf nicht abhängig von Einkommen oder Sozialstatus sein.

Grundsätzlich sollen alle nachfolgend aufgeführten Themen in der Planung und Umsetzung an den jeweils gültigen Qualitätsanforderungen ausgerichtet werden. Inbegriffen ist darin auch der Grundsatz der Zielfestlegung und Evaluation von Maßnahmen und Vorhaben, um eine systematische Wirksamkeitsüberprüfung entwickeln zu können.

Kinder- und Jugendgesundheit

Wir verstehen darunter eine gesunde Entwicklung als dauerhaften Prozess von Anfang an. Dazu müssen erstens Auffälligkeiten früh erkannt und zweitens Hilfen sichergestellt werden. Dies umfasst dort, wo die Ursache der Störung nicht medizinisch, sondern sozial ist, auch Hilfen außerhalb des medizinisch- therapeutischen Versorgungssystems.

Eine nicht geringe Anzahl von Kindern weist schon sehr früh gesundheitliche Gefährdungen und Entwicklungsauffälligkeiten auf, denen präventiv zu begegnen ist:

  • So sind Programme zur Erkennung und Verhütung gesundheitlicher Gefährdungen vor allem in den Kindertagesstätten – auch schon bei U-3- Kindern – auszubauen und ein entsprechendes Netzwerk der Kindertagesstätten untereinander zu gründen. Dazu gehören insbesondere gesunde Ernährung und Bewegung sowie psychische Gesundheit.
  • Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst sowie der jugendärztliche Dienst des Gesundheitsamtes ist in diesen Prozess mit einzubeziehen.
  • Ein Schwerpunkt ist bei der Diagnostik und Behandlung von frühkindlichen Gesundheits- und Entwicklungsstörungen zu setzen. Dazu gehört auch der konsequente Aufbau der flächendeckenden Vierjährigenuntersuchung des Gesundheitsamtes sowie der bedarfsgerechte Ausbau der Angebote der Frühförderung.
  • Angebote für Eltern mit unheilbar krank geborenen Kindern sowie Kindern mit schweren angeborenen Behinderungen sollen verstärkt werden.
  • Die kinder- und jugendpsychiatrische Beratungsstelle ist weiterzuführen, ebenso die Clearingstelle für frühe Hilfen und die Krisenintervention für besonders belastete Familien.
  • Beratung und Betreuung junger Eltern durch einen bedarfsgerechten Einsatz von Familienhebammen, Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen sollen beibehalten werden.
 

Gesunde Ernährung

  • Alle Angebote, die dazu dienen, dass sich Kinder und Jugendliche gesünder ernähren und ihr Bewusstsein für die Notwendigkeit gesunder Ernährung schärfen, unterstützen wir – seien es Kochkurse oder gesunde Verpflegung in Schulen und in allen Betreuungsangeboten für Kinder und Jugendliche.
  • Ältere und alleinstehende Menschen sind zunehmend mangelernährt. Wir setzen uns dafür ein, dass die Angebote für kostengünstige Mahlzeiten (Mittagstische etc.), die es zu fördern gilt, ein besonderes Augenmerk auf die Bedarfe und auch die Bedürfnisse älterer Menschen haben. Besonderer Beachtung bedürfen hierbei Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund.
 

Kliniken

Die Kliniken der Stadt Köln mit den Standorten in Merheim und Holweide und die Kinderklinik stellen wichtige Eckpfeiler der Daseinsvorsorge in Köln dar. Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Arbeitgeber.

Ziel muss es auch in Zukunft sein, dass die Kliniken nicht privatisiert werden, sondern im Besitz der Stadt Köln bleiben. Darüber sollen auch die Arbeitsplätze in den Kliniken mit der notwendigen Qualität gesichert werden.

Die Kliniken müssen für die Zukunft aufgestellt werden.

  • Das bedeutet, dass aktiv Kooperationen mit anderen kommunalen Kliniken im Umfeld gesucht und umgesetzt werden. Dies gilt sowohl für den medizinischen als auch für den Verwaltungs- und Versorgungsbereich, z. B. Küche, Reinigung, Wäscherei etc. Dabei sind vorrangig die Kliniken in Porz, in Gummersbach, Leverkusen, die LVR-Kliniken in Köln und in Langenfeld sowie die Tagesklinik Alteburger Straße auf eine mögliche Zusammenarbeit hin zu prüfen.
  • Das bedeutet außerdem die Überarbeitung der fachlichen Ausrichtungen, der organisatorischen Abläufe und der betriebswirtschaftlichen Konzepte.
  • Dazu gehört eine konsequente Patientenorientierung die im Sinne der UN- Konvention auch Konzepte zur Behandlung von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen umfasst.
 

Gemeindenahe psychiatrische Versorgung

  • In Zusammenarbeit mit dem LVR und den freien Trägern in Köln ist die konzeptionelle Weiterentwicklung der sozialpsychiatrischen Zentren anzustreben. Dies bedeutet insbesondere, dass die Angebotsstruktur für bestimmte Zielgruppen verbessert werden muss (z. B. für junge psychiatrisch kranke Menschen, Kinder psychisch kranker Eltern sowie wohnungslose psychisch kranke Menschen).
  • Das ambulant betreute Wohnen ist auszubauen für alle Zielgruppen, und besondere Betreuungsansätze für junge psychisch kranke Menschen, die noch bei ihren Eltern leben, sind weiterzuentwickeln und zu finanzieren.
  • Für forensische Patienten und Patientinnen ist eine sachgerechte Nachsorgeleistung sicherzustellen. Die Einbettung der Forensik in die Gemeindepsychiatrie ist eine immerwährende Aufgabe.
  • Wir regen ein Konzept an für einen „24-Stunden-Kriseninterventionsdienst“ für ambulant betreute psychisch und psychiatrisch kranke Menschen – ggf. in Zusammenarbeit mit Fachkliniken soll dieses erarbeitete Angebot modellhaft in einem überschaubaren Bezirk erprobt werden.
  • Für psychisch kranke und suchtkranke Menschen sind Beschäftigungsmöglichkeiten weiter aufzubauen im Sinne eines ineinandergreifenden und individuellen Modulsystems.
 

Gesundheit für Migrantinnen und Migranten

  • Das kommunale Gesundheitskonzept für Menschen mit Migrationshintergrund ist umzusetzen. Hier ist insbesondere beim Gesundheitszentrum für Migrantinnen und Migranten in Köln der Aufbau einer Koordinierungsstelle zu fördern. Die Einrichtung von interkulturellen Gesundheitsstützpunkten ist im Rahmen der Sozialraumentwicklung zu prüfen.
  • Eine ausreichende gesundheitliche Versorgung für Menschen ohne Papiere – entsprechend dem vom Rat beschlossenen Konzept – ist in dieser Ratsperiode umzusetzen
  • Weiterhin ist an der interkulturellen Öffnung des gesamten Gesundheitsversorgungssystems zu arbeiten. Gemeinsam mit Migrantinnen und Migranten sind neue Konzepte zu entwickeln
 

Frauen und Gesundheit

  • Die Beratungsangebote für Frauen, insbesondere im psychosozialen Bereich, sollen bedarfsgerecht entwickelt werden.
  • Die auf dem Frauengesundheitstag 2004 entwickelten Maßnahmen sind bedarfsgerecht weiter zu verfolgen.
 

Medizinische Versorgung für Wohnungslose und Nichtversicherte

  • Die medizinische Versorgung von Wohnungslosen und Nichtversicherten durch den mobilen medizinischen Dienst des Gesundheitsamtes ist sicherzustellen.
  • Angebote für psychisch kranke Wohnungslose sind bedarfsgerecht zu entwickeln.
 

Sexuelle Gesundheit

Wir treten ein für selbstbestimmte und eigenverantwortliche sexuelle und reproduktive Gesundheit, unabhängig von Alter, Bildungsstand und sozialem Status. Dafür ist Folgendes notwendig:

  • Die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für KölnPass-Inhaberinnen und -Inhaber ist weiterzuentwickeln. Auf eine bundesweite Lösung ist zu drängen.
  • Die Präventionsarbeit für sexuell übertragbare Krankheiten ist auszubauen, ebenso der Ausbau der HIV-Test-Beratung. Hier soll die Zusammenarbeit mit freien Trägern und dem Gesundheitsamt verbessert werden. Der Ausbau der sexualpädagogischen Arbeit, insbesondere mit männlichen Jugendlichen, und die Multiplikatorenarbeit ist zu prüfen.
  • Die Arbeit der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen wird gesichert.
  • Die sexualpädagogische Betreuung von Jugendlichen ist sicherzustellen und möglichst auszubauen.
 

Drogen/Sucht

  • Das Kölner Drogenhilfesystem soll prinzipiell erhalten und auf Wirksamkeit geprüft werden. Ein bedarfsgerechter Ausbau ist anzustreben. Ebenso eine Verstärkung der Präventionsarbeit. Insbesondere sind sozialraumbezogene Angebote zur Prävention von Abhängigkeiten von legalen und illegalen Drogen weiterzuentwickeln.
  • Die Angebote für die Drogensubstitution mit Polamidon bzw. Methadon wollen wir erhalten und stützen – ggf. ist auch eine Ausweitung des Angebots notwendig.
  • Die Diamorphinabgabe an schwerst Drogenabhängige gilt es – auch in Hinblick auf die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen – im bisherigen Umfang zu erhalten. Die Zusammenführung beider Angebote von städtischer Seite in der integrierten Substitutionsambulanz hat sich bewährt und soll weitergeführt werden.
  • Eine bedarfsgerechte Anpassung der 2009 stadtbezirksübergreifend eingerichteten, niederschwelligen aufsuchenden Hilfe für schwerst alkoholkranke Menschen ist weiter zu verfolgen.
  • Die beiden Angebote der Beratung von co-abhängigen Angehörigen wie Eltern und Ehepartner sollen erhalten bleiben.
  • Den Kölner Drogenhilfeverbund werden wir weiter stabilisieren und – wo nötig und wenn möglich – weiter ausbauen.
  • Die zunehmende Spielsucht (auch Online-Spielsucht) gerade jüngerer Menschen stellt uns vor neue Aufgaben. Wir werden prüfen, ob die bestehenden Angebote ausreichend und passgenau sind.
  • Die beiden Drogenkonsumräume wollen wir erhalten.
 

Hilfen in besonderen Lebenssituationen

  • Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Demenz und ihren oft völlig überlasteten Angehörigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht wird. Dazu gehört, die Angebote von Tagespflege und Kurzzeitpflege zu sichern und wo nötig auszubauen, die Finanzierung durch die entsprechenden Träger sicherzustellen und insbesondere die Möglichkeiten der Hilfe für die Betroffenen transparent zu machen. Die Gründung von Wohngruppen für demente Menschen unterstützen wir ausdrücklich.
  • Unsere sozial-psychiatrischen Zentren (SPZ), auf die Köln zu Recht stolz sein kann, werden wir stützen und erhalten und wo nötig und möglich ausbauen.
  • Die in unserer Stadt in weiten Teilen beispielhafte Palliativmedizin und Hospizbewegung findet unsere volle Unterstützung. Wo nötig und möglich, werden wir die Ausweitung der Angebote insbesondere der ambulanten Hospizbewegung unterstützen und fördern. Aber auch die ambulante Betreuung schwerstkranker Menschen muss bedarfsgerecht ausgebaut werden.
  • Die Überleitungspflege, d. h. die Organisation der Entlassung von pflegebedürftigen Menschen aus dem Krankenhaus in ihre häusliche Umgebung, ist zurzeit noch deutlich mängelbehaftet. Wir unterstützen im Rahmen unsere Einflussmöglichkeiten die Initiativen der an dem Prozess beteiligten Gruppen, die sich um eine Verbesserung der Situation bemühen.
 

HIV und AIDS

Wir sind solidarisch mit Menschen, die HIV-infiziert oder an AIDS erkrankt sind. Wir verurteilen jede Form von Diskriminierung und Ausgrenzung.

  • Prävention ist trotz vorhandener Behandlungsmöglichkeiten das wichtigste Mittel zur Bekämpfung von HIV.
  • Wir setzen uns für die Bestandserhaltung und wo nötig und möglich für den Ausbau von passgenauer Präventionsarbeit ein.
 

Koordinierung und Vernetzung der Gesundheitsförderung

  • Die tragende Rolle der Stadt ist hier zu stärken. Weitergeführt werden soll das Modellprojekt „Gesunde Lebenswelten“, um zu einer flächendeckenden, qualitätsgesicherten Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen in Schule, Kindergarten und Freizeit zu kommen. Die gesundheitsfördernden Aktivitäten für Seniorinnen und Senioren sind, auch in Verbindung mit dem Seniorennetzwerken, weiterzuentwickeln. Dies gilt auch für das Thema Zahngesundheit.
  • Die Stadt soll sich an Netzwerken zur betrieblichen Gesundheitsförderung stärker beteiligen. Insbesondere soll die Stadt im Sinne eines „Musterarbeitgebers“ eigene vernetzte Konzepte der Gesundheitsförderung unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und der Diversity-Konzepte für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln und umsetzen. Sie soll entsprechenden Einfluss auf die städtischen und stadtnahen Unternehmen entwickeln, damit diese sich an solchen Konzepten beteiligen.
  • Dabei sind die besonderen Belastungen an spezifischen Arbeitsplätzen, aber auch allgemeine Fitness, Bewegung und Ernährung sowie die psychische Gesundheit zu berücksichtigen.
  • Die kommunale Gesundheitskonferenz soll gestärkt und aktiviert werden, sodass insbesondere die Verzahnung städtischer Angebote mit denen des Gesundheitsversorgungssystems weiterentwickelt werden kann und in diese Konzepte auch andere Träger des Gesundheitssystems, insbesondere die Krankenkassen, einbezogen werden.
  • SPD und GRÜNE bestärken die Stadt Köln darin, Langzeituntersuchungen zur Gesundheitsschädlichkeit des Nachtfluges in Form einer epidemiologischen Fall-Kontroll-Langzeitstudie in Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden durchzuführen.
 

Selbsthilfe

Die Selbsthilfebewegung in Köln soll erhalten und weiter ausgebaut werden. Aktivitäten der Bevölkerung sollen durch Gesundheitstage und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden. Das „Gesunde-Städte-Netzwerk“ soll auch für Köln stärker genutzt werden.

Wohnortnahe Gesundheitsversorgung

Eine angemessene wohnortnahe Versorgung mit Ärzten aller Fachrichtungen,, insbesondere mit Kinderärzten, ist anzustreben.

Einzelprojekte

Folgende Projekte sollen weitergeführt bzw. entfristet werden:

  • „jusch“ – jung und schwanger
  • Kinder- und jugendpsychiatrische Beratungsstelle
  • Clearingstelle (frühe Hilfen und Krisenintervention für besonders belastete Familien in Zusammenhang mit Geburt und den ersten Lebensmonaten des Kindes)

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